Der Markt für Nahrungsergänzungsmittel boomt und man hört direkt die Stimme seiner eigenen Oma im Ohr: „Also früher gab es sowas nicht.“
Der Markt für Nahrungsergänzungsmittel boomt und man hört direkt die Stimme seiner eigenen Oma im Ohr: „Also früher gab es sowas nicht.“ Recht hat sie, denn niemand brauchte diese Präparate zu der Zeit als Lebensmittel noch einen deutlich höheren Nährstoffgehalt aufwiesen, als sie es heute tun. Doch was sind die Gründe für den Verlust an Mineralstoffen und Vitaminen in unserem Obst und Gemüse?
Ich habe mich in letzter Zeit immer öfter gefragt, warum Tomaten immer größer, heller und wässriger werden und eigentlich gar keinen richtigen Geschmack mehr haben. Was als ein äußerst subjektives Empfinden abgetan werden könnte, hat allerdings einen ernsten Hintergrund. Denn mit dem Geschmack verschwinden auch die wichtigen Vitalstoffe aus unseren Obst- und Gemüsesorten. Im Umkehrschluss heißt das also wir benötigen eine deutlich größere Menge an Nahrungsmitteln, um unseren täglichen Bedarf an Mikronährstoffen überhaupt decken zu können. Mikronährstoffe, das sind Vitamine, Mineralstoffe oder Spurenelemente, die unser Organismus nicht selber produzieren kann, die aber notwendig für das Zellwachstum und ähnliche Prozesse im Körper sind. In unserer westlichen Gesellschaft könnten wir quasi Gefahr laufen, übergewichtig zu verhungern. Denn sobald unserem Körper etwas fehlt, meldet er automatisch Hunger und das dann teilweise völlig überflüssig.
Vitamingehalt und Mineralstoffe in unseren Lebensmitteln
Mikronährstoffe sind zwar im Vergleich zu Kohlenhydraten, Proteinen und Fetten keine Energielieferanten, sollten aber dennoch ausreichend konsumiert werden, da sie vom Körper nicht selber gebildet werden können. Obst und Gemüse sind daher eigentlich ideale Quellen für Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente. Allerdings ist die Konzentration dieser essentiellen Inhaltsstoffe laut Donald Davis, einem Biochemiker an der Universität in Texas[1], in den letzten 50 Jahren um bis zu 40 % gesunken. Dabei benötigen wir gerade Calcium aus den grünen Gemüsesorten wie Brokkoli oder Grünkohl für den Erhalt unserer Knochen und Zähne. Das in Wurzelgemüse oder einigen Beerenarten enthaltene Kalium regelt den Flüssigkeitsgehalt unserer Muskel- und Nervenzellen. Phosphor beeinflusst den Säure-Basen-Haushalt, beteiligt sich am Energiestoffwechsel und wird uns in Hülsenfrüchten wie Linsen, Bohnen und Soja zur Verfügung gestellt. Ihre abnehmende Konzentration steigert seit Jahrzehnten global das Interesse der Wissenschaftler, die sich nun auf Ursachenforschung begeben.
Die Grüne Revolution
Wortwörtlich genommen macht diese Agrarbewegung der 1960er Jahre einen durchaus positiven Eindruck. Bei genauerer Betrachtung entdeckten Wissenschaftler[2] allerdings starke Nachteile: Die Industrialisierung und der Einsatz leistungsfähiger Maschinen hob die Erntekapazitäten auf gänzlich neue Level. Um Schritt halten zu können mussten die Verfügbarkeit der Lebensmittel immer schneller und in immer größeren Mengen gewährleistet werden. Das allein sorgt schon dafür, dass die Böden ausgelaugt sind, da die auf ihm wachsenden Pflanzen ihre Nährstoffe über ihr Wurzelwerk beziehen. Das Resultat daraus sind weniger widerstandsfähige Pflanzen, die mineralstoffärmer oder sogar krankheitsanfälliger sind. Um dem wiederum entgegenzuwirken, müssen Landwirte auf starke Dünger und synthetische Mittel zur Vermeidung von Unkraut- und Schädlingsbefall zurückgreifen. Und genau hier beginnt eine gefährliche Spirale von Wirkung und Nebenwirkung.
Ein schier endloser Teufelskreis aus kaputten Böden, auf denen Pflanzen nur mit „Doping“ überleben und attraktiven Ertrag bringen können, das die Böden gleichzeitig aber immer weiter zerstört. Auch viel weiterreichende Folgen wie die Belastung unseres Grundwassers und die Fokussierung der Züchtungen auf Aussehen, Farbe und Form der Früchte spielen eine wichtige Rolle. Damit verspielt die industrielle Landwirtschaft die Stärke der Natur, sich an äußere Gegebenheiten anzupassen und durch Diversität selbst zu stabilisieren.
Was du aber für dich tun kannst, sind folgende Dinge:
- Kaufe Bio-Lebensmittel – sie entstehen unter Bedingungen, in denen sie gesund wachsen können. Vertrauenswürdige Siegel wie Bioland und Demeter versichern dir, dass es Früchte sind, die dich mit einer großen Menge Nährstoffen versorgen. Auch wenn sie ein paar Cent mehr kosten, dafür machen sie dich aber auch wirklich satt.
- Kaufe nur so viel, wie du auch wirklich brauchst. Wenn jeder von uns ein bisschen weniger wegschmeißt, können wir regulatorisch auf die Nachfrage bei den Erzeugern wirken. Sie sind weniger im Zwang schnell, große Mengen an Lebensmitteln zu produzieren und können sich so wieder mehr auf die Qualität konzentrieren
- Unterstütze Erzeuger in ihrer Arbeit. Es gibt zahlreiche Modelle, wie Genossenschaften, solidarische Organisationen, Crowdfundings und Co. mit denen wir uns als VerbraucherInnen zu Graswurzelbewegungen zusammenschließen und Alternativen zur Übermacht der Industrie schaffen können.
[1] http://hortsci.ashspublications.org/content/44/1/15.full
[2] http://www.drpasswater.com/nutrition_library/davis_1.html
Du möchtest mitreden?
Jetzt anmelden oder registrieren!